CII stellt neues Whitepaper zur souveränen Cloud-Infrastruktur in der deutschen Verwaltung vor

Die öffentliche Verwaltung in Deutschland steht im Bereich der Informationstechnologie vor einer strukturellen Abhängigkeit von großen US-amerikanischen Anbietern, insbesondere von Microsoft. Das Unternehmen hat durch geschlossene Ökosysteme, gezieltes Produktbündeln, langfristige Rahmenverträge, restriktives Lizenzmanagement und intensive Lobbyarbeit eine Quasi-Monopolstellung erreicht. Diese Marktdominanz behindert einen offenen und fairen Wettbewerb im europäischen Cloud-Markt und erschwert den Aufbau digitalsouveräner Lösungen. Angesichts der zunehmenden Verlagerung von IT-Infrastrukturen in die Cloud droht eine langfristige Verfestigung dieser Abhängigkeiten.
Digitale Souveränität als Herausforderung: Die gravierenden Folgen der Abhängigkeiten
Wie der Autor des Whitepapers, CII-Senior Fellow Michael Kolain betont, seien die Folgen dieser Abhängigkeiten vielfältig: Die Wahlfreiheit öffentlicher Einrichtungen werde eingeschränkt, Sicherheitsrisiken nähmen zu und die Transparenz über Kosten- und Steuerungsmechanismen sinke. Zudem verliere die öffentliche Hand zunehmend ihre Budgethoheit über IT-Ausgaben. Lock-in-Effekte spielten dabei eine zentrale Rolle: Proprietäre Standards, die enge technische Verzahnung zwischen Client-, Server- und Cloud-Komponenten sowie hohe Umstellungskosten auf alternative Systeme verhinderten den Wechsel zu unabhängigen Lösungen. Obwohl es auf dem Markt bereits eine Reihe vielversprechender europäischer Alternativen gäbe, bleiben diese im Wettbewerb weitgehend chancenlos.
Für öffentliche Beschafferinnen und Beschaffer bedeute dies, dass sie herstellerunabhängige und modulare IT-Architekturen nur schwer umsetzen könnten. Es entstehe ein digitaler Kreislauf aus kurzfristiger Betriebsorientierung, marktseitiger Anpassung an bestehende Dominanzen und einem schleichenden Verlust staatlicher Steuerungsfähigkeit, so Kolain. Damit sinke die strategische Kompetenz des Staates, seine digitale Infrastruktur eigenständig und souverän zu gestalten.
Wege aus der Abhängigkeit: Handlungsempfehlungen für die deutsche Verwaltung
Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker, Research Director des cyberintelligence.institutes, hält fest, dass dieser aktuelle Zustand der Abhängigkeiten in direktem Widerspruch zu dem politischen Ziel, digitale Souveränität in Staat und Verwaltung zu erreichen, stehe. Echte digitale Souveränität erfordere technologische Wahlfreiheit, offene Standards und die systematische Reduzierung von Monopolen und Lock-in-Effekten. Der Staat müsse dabei eine Vorbildfunktion einnehmen, indem er seine Abhängigkeiten reduziert und den Einsatz offener, interoperabler Lösungen stärkt.
Die CII-Experten Prof. Dr. Torsten Oltmanns und Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker geben zur Stärkung der Digitalen Souveränität in der deutschen Verwaltung fünf konkrete Empfehlungen:
- Förderung von Strategien in Verwaltung und Wirtschaft zur Verringerung von Abhängigkeiten und Steigerung von Flexibilität und Innovation.
- Vorbildfunktion des Staates durch Reduzierung von Abhängigkeiten sowie Förderung offener und interoperabler Lösungen.
- Aktives Einschreiten der Wettbewerbsbehörden gegen marktverzerrende Praktiken wie Lizenzbündelung und diskriminierende Preismodelle.
- Mehr Transparenz und Steuerung von IT-Ausgaben in Behörden durch Cloud-Governance und strategische Bedarfsanalysen.
- Langfristige Investitionen in europäische Cloud-Infrastrukturen und Standards mit EU-weiten Mindestanforderungen.
Ausblick: Deutsch-französische Kooperation ist entscheidend
Alle CII-Experten sind sich einig: Frankreich und Deutschland komme in diesem Prozess eine besondere Verantwortung zu. Der für den 18. November 2025 geplante „Gipfel zur digitalen Souveränität“ biete eine Gelegenheit, grundlegende Weichen für den Aufbau einer souveränen Verwaltungscloud in Europa zu stellen. Ziel müsse es sein, die digitale Handlungsfähigkeit des Staates langfristig zu sichern und ein resilientes, innovationsfähiges sowie europäisch verankertes IT-Ökosystem zu schaffen, das die technologische Unabhängigkeit der öffentlichen Verwaltung stärkt.
Downloads:

CII-Presseinfo 11/2025: Hindernisse auf dem Weg zu einer souveränen Cloud-Infrastruktur der deutschen Verwaltung (Whitepaper)

Zwischen Quasi-Monopol und Souveränitäts-Washing: Hindernisse auf dem Weg zu einer souveränen Cloud-Infrastruktur der deutschen Verwaltung
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